Der blanke Horror

Die Leiche bot wirklich keinen schönen Anblick. Das Badezimmer war feucht und dunkel. Aber selbst in diesem Dämmerlicht konnte ich sehen, dass vom ursprünglichen Körper nicht mehr viel zu erkennen war. Nicht einmal den Kopf konnte man genau ausmachen. Ausgebreitet lagen die Gedärme unter dem Waschbecken. Ich ging nicht davon aus, das dies ein natürlicher Todesfall war. Noch nicht.Was mir nicht ganz klar war, war die Wahl des Fundortes. Warum hier? Man hatte sie hier gefunden. Aber war sie auch hier zu Tode gekommen? Wollte sie sich vielleicht gerade duschen? Ich glaub nicht. Doch man konnte nichts ausschließen. Zumindest war weder ein Handtuch noch Kleidung zu sehen. Meine Vermutungen gingen eher dahin, dass der Täter, und das es einen Täter gab, lag auf der Hand, dass der Täter diesen Ort gewählt hatte, um seine Spuren zu verwischen. Vielleicht dachte er, hier würde man die Leiche nicht so schnell finden. Womöglich hatte er sich auch Spuren abwaschen können. Doch man fand die Leiche schnell.

Ich war gerade vom Mittagstisch aufgestanden, als mich der dringende Ruf um Hilfe erreichte. Natürlich war der Nachwuchs überfordert mit dieser Situation. Immerhin waren Blut und Eingeweide auf den Badezimmerfliesen verschmiert. Der Täter hatte zu dem versucht die Leiche verschwinden zu lassen. Die Badezimmerteppiche lagen wild übereinander geworfen am Boden. Sie deckten das erbärmlich zugerichtete Opfer nur notdürftig zu.

Als ich eintraf, drängten mehr hinaus als hinein. Bleiche Gesichter mit angewidertem Ausdruck blickten mir verstohlen über die Schulter, als ich den Fund begutachtete. Mein erster Gedanke galt meinem soeben den Verdauungsprozess durchlaufenden Mittagessen. Ich sollte das Essen besser verschieben. Frühestens am Abend, wenn keine zerstückelten Leichen meinen Weg säumten. Aber das war zwecklos, denn auch auf den weg ins Bett, hatte ich schon so einiges aufgelesen. Es ist immer wieder ein harter Job. Doch einer musste ihn ja machen. Somit kehrte ich auch diesmal die noch warmen Überreste zusammen.

Ich hätte es wissen müssen. Die Vorzeichen an diesem Tag standen auf Tod. Das wurde mir schon bei meinen ersten Schritten in den Tag bewusst. Graue zuckende Schatten hatte noch nie etwas gutes bedeutet. Und richtig, ich musste mich an diesem Tag früher als gewollt mit dem Tod auseinandersetzten. Mein Morgenkaffee rann gerade noch durch meine Speiseröhre, da zwang ein Würgereiz ihn spontan zur Umkehr, als ich völlig unvorbereitet auf diese gigantische Spinne traf. Völlig reglos saß sie unter der Hutkonsole und döste frech in den Tag hinein. Ihre Schläfrigkeit nutzte ich. Und nun war sie tot. Tot wie diese arme zerstückelte Maus.

Vom Täter fehlt bis heute jede Spur. Es gibt Verdächtige. Wie so oft. Mir bleibt nur das arme Ding zu entsorgen und die Tat mit Badreiniger in Zitronenduft zu ertränken.