Auf dem Waldsofa

Auf dem Waldsofa

Heute auf dem Waldsofa: Reh und Igel


„Hallo Igel.“

Oh, Guten Tag Reh.

„Das ist ja eine Überraschung dich heute hier zu treffen.“

Ja, ich weiss. Eigentlich sollte ich gemütlich in meinem Nest schlafen. Immerhin haben wir gerade mal Januar. Ich finde aber einfach keine Ruhe.“

„Das glaube ich dir. Ruhig ist es ja schon lange nicht mehr im Wald. Nicht einmal im Winter. Aber jetzt, wo der Schnee fehlt und es so warm ist, sind noch mehr Menschen im Wald unterwegs. Aber ich will mich nicht beklagen. Die Temperaturen haben auch ihr gutes. Überall spriessen schon saftige Knospen.“

Hast du keine Sorge, wenn es doch noch richtig kalt wird?“

„Nein. Wieso. Ich habe doch Winterfell und eine gute Fettreserve.“

Wenn es doch noch so richtig kalt wird, dann frieren die jungen Triebe weg. Es wird ewig dauern, bis dann etwas nachwächst. Und dein Winterfell, bitte entschuldige die Bemerkung, ist auch nicht mehr ganz lückenlos. Es hängt schon etwas in Fetzen und wird dich nicht mehr so gut vor dem Frost schützen können.“

„Du hast Recht. Es juckt und löst sich an einigen Stellen. Aber meinst du wirklich, es wird nochmal so richtig kalt?“

Ich will es hoffen. Ich bin so müde und kann seit Wochen nicht richtig schlafen. Ich wälze mich in meinem Nest nur hin und her. Ich habe auch schon die anderen Schlafnester aufgesucht. Aber nichts. Ich kann einfach nicht einschlafen, wenn es so warm ist.“

„Dann schläfst du diesen Winter einfach nicht. Wo ist das Problem?“

Sieh mich doch an. Ich bin schon ganz abgemagert. Es ist zwar zu warm zum Schlafen, aber der Boden ist zum Teil gefroren. Ich finde einfach zu wenig Nahrung. Es fliegen hier und da schon einige Insekten durch die warme Luft. Aber Käfer, Laven und Würmer brauchen einen warmen Boden, um herauszukommen. Die wenigen milden Sonnenstrahlen reichen da einfach nicht aus.“

„Armer Igel. Das wusste ich nicht. Kannst du nicht auch Knospen fressen?“

Ach, ich wünschte, ich könnte das. Auch wenn ich von hier unten an ein paar Knospen herankommen könnte, was nicht wirklich leicht ist, kann ich pflanzliche Nahrung nicht verwerten. Ich bin nun mal ein Insektenfresser und alles bei mir ist darauf ausgerichtet.“

„Sei nicht traurig Igel. Es wird sicher nochmal kalt und du kannst schlafen.“

Davor habe ich ja fast noch mehr Angst. Ich bin müde und möchte schlafen. Ich brauche den Schlaf. Aber sieh mich an. Ich habe kaum noch Reserven, wenn es nun für mehrere Monate richtig kalt wird, würde ich wahrscheinlich nicht mehr aufwachen.“

„Das ist ja schrecklich, Igel. Was wirst du tun? Du kannst doch nicht im Wald herum laufen und noch mehr Energiereserven verbrauchen. Oder soll ich mal in der Erde scharren, vielleicht finden wir gemeinsam einen Wurm.“

Das ist sehr lieb Reh. Aber ich werde wohl den Wald verlassen müssen und in den Gärten der Menschen, nach Katzenfutterplätzen suchen. Vielleicht ist in den Näpfen noch etwas drin.

Ich habe sogar gehört, dass Menschen extra Katzenfutter für aufgewachte Igel hinstellen. Aber in der Nähe von Menschen zu überwintern ist auch nicht ungefährlich.“

„Das glaube ich dir. Ich gehe den Menschen lieber aus dem Weg. Ich bin so froh, dass die Menschen mich mit meinem graubraunen Winterfell im Wald nicht sehen. Da ist es wieder gut, dass kein Schnee liegt. Da kann ich mich noch besser tarnen. Im Schnee und ohne Laub an den Bäumen ist es schwer sich zu verstecken. Wenn man so gross ist. Und mittlerweile da der Mensch ja einfach überall durch den Wald läuft. Er bleibt nicht auf den Wegen, nein er macht neue Wege. Im Winter wenn Schnee liegt, trampelt er mit seinen Ski und den Schneeschuhen alles kaputt. Und laut ist er auch. Da kann sich niemand ausruhen. Ständig muss man davon springen. Und wenn er einen von uns entdeckt hat, läuft er auch noch hinterher oder kommt mit noch mehr Menschen zur entdeckten Schlafkuhle zurück. Sie fassen alles an und zerstören es.“

Das klingt nicht gut. Bin ich froh, dass ich das in meinem Nest normalerweise verschlafe.“


„Jetzt kann ich meine Energiereserven wenigstens auffüllen, mit den Knospen. Aber die Ruhe fehlt mir auch schon. Da gebe ich dir Recht, Igel. Ich bin auch müde. Das ständige Herumspringen ist sehr anstrengend. Wenn die Menschen den Winter doch auch zum Ausruhen nutzen würden.“

Nein, die freuen sich über den milden Winter und gehen mit ihren Hunden tief in die Wälder herein. Wie oft, hat mich schon so eine kalte Hundeschnauze aufgeweckt.“

„Vor den Hunden habe ich am meisten Angst, die sind sehr schnell und jagen uns lange hinterher. Wie soll das nur weitergehen? Wenn es vielleicht gar nicht mehr so richtig Winter wird?“

Wir Igel werde das sicher nicht überleben. Wahrscheinlich wird der europäische Igel aussterben.“

„Sag so etwas nicht.“

Aber das Klima wird wärmer. Was wird dann aus dem Wald?“

„Der verändert sich? Kein Winter, kein Laubwechsel. Vielleicht wird es nicht nur wärmer, auch trockener.“

Genau. Dann werden die Bäume kahler und du fällst mit deinem roten Sommerfell gut auf. Du kannst dich nicht mehr so gut verstecken. Vielleicht wirst du krank, von dem ständigen aufgeschreckt werden. Wie die Steinböcke und Gämse in den Bergen.“

„Du meinst es ist auch aus für mich?“

Könnte sein. Aber ein warmer Winter macht noch keine Zeitenwende. Noch kann es sein, dass das Klima so bleibt, wie wir es kennen und uns darauf angepasst haben.“

„Das wollen wir hoffen Igel. Das wollen wir hoffen.“