Irgendein Tag mit Geschenken

Irgendein Tag mit Geschenken

Noch zwei Wochen bis Weihnachten. Ich freu mich drauf, nein wirklich. Das Fest der Liebe, der Familie, der strahlenden Kinderaugen, Geschenken, gestressten Müttern, vollgefressenen Vätern, nervigen Verwandten, Lärm, jede Menge Müll, jede Menge Arbeit, jede Menge Vorbereitung. Ja, das macht doch Weihnachten zu etwas besonderen. Keine Zeit in Jahr hat man als Mutter so viel beisammen. Da fühlt man sich doch so richtig gebraucht.

Sind wir doch mal ehrlich, ohne uns Mütter gäbe es doch gar kein Weihnachten. Ja gut, die Geschäfte würden ab September mit Weihnachtsangeboten locken. Und spätestens im November wären die Einkaufspassagen herrlich kitschig dekoriert. In den Medien würden die Werbeangebote sich überschlagen und einem alles, aber auch alles als das ideale Weihnachtsgeschenk anbieten, bis hin zur Luxuskreuzfahrt und einen Einfamilienhaus, «Schenken sie sich, was eigenes! Tühtühtüh. Damit das nächste Weihnachten noch schöner wird.»

Doch wären wir Mütter nicht, wer würde den Plunder kaufen? Wer würde Tonnen von Süssigkeiten bunkern, im September Lebkuchenherzen und Weihnachtsmänner kaufen, Geschenkpapier, Schleifenbänder, Weihnachtssterne, Christbaumschmuck? Wer würde sich durch die Unmengen an Weihnachtskalender wühlen, um genau den richtigen für jeden zu finden?

Haben Sie je etwas vom Nikolaus bekommen, wenn sie nicht sich selbst etwas in den Stiefel gesteckt hätten, damit die Kinder nichts merken? Oder einen Weihnachtskalender?

Sehen wir den Tatsachen ins Auge, auch wenn der Weihnachtsmann noch immer nicht gendergerecht ist, ohne uns Mütter, wäre das Fest der Feste nichts, nada, nothing, ein «ich-hatte-zu-viel-zu-tun-du-bekommst-dein-Geschenk-später-Tag».

Machen wir doch mal ein Gedankenexperiment. Stellen Sie sich vor, es gäbe uns nicht. Wir wären zusammen auf einem Wellnessurlaub, von September bis Weihnachten. Na, wie klingt das?

Also die Mütter kümmern sich in diesem Jahr um nichts. Tun wir so, als wäre das mit den Vätern irgendwann mal so abgesprochen wurden. «Schatz, dieses Jahr kümmerst du dich um Weihnachten.» «Klar. Mach ich.»

Macht er, und zwar so.

September, nichts. Oktober, nichts, November, nichts. Stop, Black Friday, da könnte man doch ne Spielkonsole fürs Arbeitszimmer… , aber für Weihnachten, nichts.

Dezember. «Gibt es keine Kalender?», fragen die Kinder tröge. Die Väter werfen beim nächsten Einkauf noch ein paar Schokoladenkalender in den Einkaufkorb, sind jetzt eh  viel günstiger, am 4. Dezember.

«Alina hat vom Nikolaus neue Kopfhörer für ihr Handy bekommen.»

«Ach, ist heute Nikolaus? Dann putzt mal eure Schuhe. Da kann der ja nichts bringen.» Und während die Kinder die Schuhe putzten, fahren die Väter zur Tankstelle und kaufen überteuerte Schokoweihnachtsmann, Weihnachts-CDs und zerknautschte Plüschtiere mit riesigen Glitzeraugen.

Die nächsten Tage vergehen eher ruhig. Die Väter bummeln in weihnachtlicher Stimmung durch die Elektronikgeschäfte, auch die Kidds gehen shoppen, für sich und für «Alina».

Und dann ist der 24te. Die Kinder haben endlich Ferien und die Väter müssen nur nen halben Tag arbeiten, also höchstens bis vier, oder fünf, aber um sechs ist sicher Schluss.

«Wann gibts Geschenke?» «Einen Weihnachtsbaum haben wir auch nicht.»

«Geschenke. Baum? Wie lange haben die Geschäfte heute offen?» Mit Sicherheit nicht länger als um sechs. Was meiner Meinung nach schon unmenschlich ist.

Okay ja, die meisten Väter würden natürlich auch an Geschenke denken und vielleicht auch einen Baum kaufen. Aber das erst ein paar Tage vor Weihnachten. Am besten gleich alles mit dem Wocheneinkauf erledigen. Da gibt es doch im Kaufhaus die Packstation? Die packen die schnell zusammen gesuchten Spiele, Legosets und Kuscheltiere ein, währenddessen wird der Weihnachtsbaum ausgesucht, der vor dem Supermarkt verkauft wird. Alles in einem Rutsch.

Der Baum wird dann gemeinsam geschmückt, langsam kommt Weihnachtsstimmung auf. Zur Bescherung gibts die von der Verkäuferin hübsch eingepackten Geschenke und eine, der neuen Weihnachts-CDs läuft im Hintergrund. Ach, wie schön und so ganz ohne Stress.

Am 25ten wird ne Pizza aufgetaut, oder bestellt und eine Flasche des guten Weins geöffnet, die er gekauft hat.

So geht es also auch. Warum machen wir Mütter also immer so einen Stress draus? Warum werden wochenlang Weihnachtslieder hoch und runter gespielt, Kekse gebacken, Sterne gebastelt und Einkäufe erledigt, Verwandte eingeladen, Essen vorgekocht und alles dekoriert?

Ich sag es ihnen, weil das eben Weihnachten ist. Oder würden sie ohne all dem, in richtige Weihnachtsstimmung kommen, ohne den Stress, die Vorfreude beim Einkaufen, beim Planen, ohne den Lärm der Kinder und Verwandten? Es wäre einfach nicht Weihnachten.

Dann wäre Weihnachten nur irgendein Tag im Jahr, an dem es Geschenke gibt. Was besonderes machen wir daraus. Und ich lasse mir das nicht nehmen. Auch wenn mein Mann grimmig brummt über den zehnten goldenen Engel auf dem Regal; auch wenn die Kinder es albern finden ihre Schuhe für einen bärtigen alten Mann zu putzen, den sie nie gesehen haben, der aber immer Süssigkeiten da lässt; ich werde auch weiterhin jeden Adventssamstag Plätzchen mit den Kindern backen, und Sonntags mit ihnen Sterne basteln, ob sie wollen oder nicht, und natürlich ein extra feines Weihnachtsessen planen. Das ist mein Fest, wenn ich das alles nicht hätte, nicht die Stunden beim Einkaufen, die Nächte beim Geschenke einpacken, nicht den Plätzchenduft, die Glitzersterne, den Adventskranz, dann wäre das kein Weihnachten.

Ich liebe Weihnachten mit allem, was dazu gehört. Und die wochenlange Vorbereitung sind doch das Schönste daran. Sonst wäre es nur ein irgendein Tag mit Geschenken.